Einmal im Jahr steigt Bürgermeister Norbert Gradl als Sänger und Kabarettist auf die Bühne. Das "Rezept" ist traditionell: Süffiges Bier, gute Brotzeiten, jede Menge gute Laune und lustige Einlagen, die mit Hirnschmalz und Herzblut geschrieben sind und meist den berühmten Nagel auf den Kopf treffen. Dazu passte auch die Musik der "Boaznhocker", die ihre lustigen Gstanzl und Lieder mit Begeisterung und Musikalität zu Gehör brachten.
Zum zweiten Mal feierte die SPD im Foyer der Helmut-Ott-Halle und wieder waren alle Plätze voll belegt. Und alle im Stadtrat vertretenen Fraktionen waren dabei. Die Besucher genossen den launigen Abend und geizten nicht mit Applaus. Kein Wunder, liefen die Akteure doch zu Höchstform auf und boten ein kabarettistisches Programm, das durchaus mit dem Nockherberg mithalten konnte.
"Alte Hasen im Showgeschäft"
Karl Maier und Christoph Kasseckert sind "alte Hasen im Showgeschäft". Maier gehört seit Jahrzehnten zu den beliebtesten Nummern auf der närrischen Bühne der FG Stadtgarde. Und Kasseckert – im Hauptberuf Realschul-Direktor – brilliert im Fasching als politischer Büttenredner. Dritter Bürgermeister Norbert Gradl (SPD), dem schon mehrfach ein Engagement auf der Faschingsbühne angeboten worden ist, winkt ab: "Ich mache das gerne, aber ausschließlich für das Starkbierfest. Bei zwei Auftritten würde eine Nummer vermutlich leiden."
Seit Dezember war Gradl am Dichten für den Auftritt beim SPD-Fest. Im Januar hat sich die Gruppe zum ersten Gedankenaustausch getroffen und legte das Motto fest. Jamaika, Reggae und Dreadlocks waren heuer angesagt — passend zur ursprünglich angedachten Jamaika-Koalition. Für die Musik waren wieder seine Freunde Rudolf Bradl (Gitarre) und Robert Schmid (Keyboard) zuständig, während Gradl als Frontmann und Sänger agierte. Premiere in der Band hatten Christine Ott (Gitarre) und Johannes Trenz (Schlagzeug), die sich als versierte Musiker bestens integrierten.
In ihrem bunten und stimmungsvollen Lieder-Potpourri gab es Nachdenkliches ebenso wie Gassenhauer. Im Reggae-Rhythmus mit Jamaika-Fahne kam die Formation auf die Bühne und legte im passenden Musikstil gleich los mit "Über so was reg’ i me net auf". Den "Wahnsinn" von Wolfgang Petry hatte sich Gradl ausgeliehen, um auf die politische Karriere von Horst Seehofer und Martin Schulz aufmerksam zu machen. Das bekannte "Über den Wolken" von Reinhard Mey passte hervorragend zum Thema "Air Berlin Konkurs".
"Horsti, Horsti, mach net weiter"
Wer hat nicht die Schlussmelodie von Paulchen Panther im Kopf? Ähnlich wie der "Rosarote" frage sich derzeit auch der "Schwarze", wer wohl an der Uhr gedreht hat. "Horsti, Horsti, mach net weiter, denn Du wirst ja doch net g’scheiter" reimten die Jamaika-Sänger ebenso respektlos wie: "Wenn du denkst, es geht net blöder, kommt, oh Schreck, der Markus Söder."
Wer dachte, die brodelnde Stimmung wäre nicht mehr zu toppen, wurde überrascht, als Gradl "Wir sind Oberpfälzer, darauf sind wir stolz" anstimmte. Das Lied der "Dorfrocker" hatte er in bester Manier auf Auerbacher Verhältnisse umgetextet. Für Lacher sorgten das drei Jahre zu spät erschienene Jubiläumsbuch, die noch erhaltene "Klagemauer" vom abgebrochenen Ruderstadel, und das geplante, sich automatisch reinigende Friedhofsklo: "So an Luxus, ja den hat jeder gern, wir geh‘n zum Scheißen auf den Friedhof. . . statt zum Sterb’n." Der Auftritt traf die Lachmuskeln der Zuhörer. Stehender Beifall und Zugaberufe machten das am Ende deutlich.
Genialer Wortwitz
"In meinem Alter trifft man sich öfter beim Doktor als in der Kneipe", erzählte indes Karl Maier und stimmte dazu ein Lied von einem Krankenhausaufenthalt mit verschiedensten Operationen an. Die Lacher hatte Maier vor allem zwischen den Liedern auf seiner Seite, wenn er ganz trocken seine launigen Worte und Witze einstreute. Ein echter Knaller war sein Stadtratsprotokoll, in dem er alle Stadträte namentlich erwähnte. "Jochen sagt, es gibt wos Neiß. Ich weiß, hat der Martin g’sagt. Die Rathausrenovierung gibt’s nicht für an Appl. Liebe Kolleng, sagt die Elisabeth. Am Ende sagt der Uli, trink’ ma jetzt, so jung kumma nimma zam", um nur einige Beispiele für Maiers genialen Wortwitz zu nennen.
Bruder Barnabas alias Christoph Kasseckert schoss sich zunächst verbal auf die Genossen ein: "Eierlikör hat mehr Prozent als die SPD. Und er hat sogar Eier!" Martin Schulz, der vor einem Jahr noch als "Messias" gefeiert wurde, sei heute eher die deutsche Antwort auf Conchita Wurst, so Barnabas. Aber auch die "Schwarzen" mussten sich etwas anhören. Söders Grenzpolizei habe nur einen Zweck: Verhindern, dass Seehofer aus Berlin wieder zurückkehre. Der Fastenprediger bezeichnete den designierten Ministerpräsidenten als "Stringtanga der CSU": "Er kann gezielt spalten und an den richtigen Stellen Profil zeigen." Kasseckert verstand es auch in seiner dritten Starkbierrede bei der SPD, alle Parteien zu derblecken. Der Beifall zeigte, dass das beim Publikum bestens ankommt.
http://www.nordbayern.de/region/pegnitz/ein-hauch-nockherberg-wehte-durch-auerbach-1.7334485