© Foto: privat Wahlkampf im September vergangenen Jahres mit und für Olaf Scholz: Rechts der heutige Kanzler, links der Auerbacher SPD-Vorsitzende Peter Danninger.
AUERBACH/PEGNITZ - Bundeskanzler Olaf Scholz und die SPD sind seit der vergangenen Woche nun 100 Tage im Amt. In dieser kurzen Zeit musste sich die Bundesregierung schon des Öfteren beweisen und einige Herausforderungen stemmen. Wie sind die Auswirkungen auf die Ortsvereine?
Zum einen muss der Krieg in der Ukraine gestoppt und gleichzeitig Hilfe für die vielen ankommenden Flüchtlinge angeboten werden. Zum anderen muss sich das Land von russischem Gas und Öl unabhängig machen. Viele Entscheidungen, die in der Bevölkerung unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden. Gute Gründe dafür, einmal bei den lokalen Ortsvereinen anzufragen, ob es einen Sympathie-Schub aufgrund des Regierungswechsels gab.
Die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Pegnitz, Jessica Marcus, konnte in den vergangenen Monaten keinen realen Unterschied feststellen. "Das würde sich ja an den Mitgliederzahlen bemerkbar machen", meint Marcus. Da es aber aufgrund der immer noch bestehenden Corona-Beschränkungen schwierig ist, Veranstaltungen abzuhalten, sei es auch schwer, den Kontakt zu den Bürgern herzustellen. Was sich jedoch geändert habe, sei die Einstellung zur SPD selbst. Es habe schon eine Art Rückenwind gegeben, ist sich Marcus sicher.
"SPD-Wähler oder -Mitglieder verstecken sich nicht mehr und haben keine Sorgen mehr, wenn sie sich in der Öffentlichkeit zu unserer Partei bekennen. Das muss man so sagen." Jessica Marcus habe sich nie dafür geschämt, der SPD anzugehören. Trotzdem sei man bis vor wenigen Jahren dafür noch "kritisch beäugt" worden, wenn man zu seiner Partei stand.
Klare Kante fehlte
Das schlechte Image sei eigentlich nicht durch schlechte Entscheidungen entstanden, sondern lag eher daran, dass es zu lange die Große Koalition gegeben habe, meint sie. Die Partei habe sich dadurch nicht klar hervorheben können und habe einige Kompromisse eingehen müssen. Der Machtwechsel tue dem Land gut.
Der Wechsel habe auch dem Ortsverein nicht geschadet – ganz im Gegenteil: "Wir konnten ein junges, 15-jähriges Mitglied dazugewinnen. Aber das mach ich nicht an der neuen Regierung fest", berichtet Marcus, die sich allgemein darüber freut, wenn sich junge Leute für Politik interessieren. Zudem würde sich die Vorsitzende darauf freuen, wenn sich der Sympathie-Schub bei der nächsten Kommunalwahl auf das Ergebnis auswirke. Denn: "Wir haben gute Leute und müssen uns nicht verstecken."
Zum richtigen Zeitpunkt
Über zwei neue und vor allem junge Mitglieder freut sich derweil die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins in Plech, Heidi Gentsch. "Das liegt aber jetzt nicht an den 100 Tagen von Bundeskanzler Olaf Scholz. Ich kann auch nicht behaupten, dass es überhaupt geholfen hätte", bekräftigt Gentsch. Die zwei jungen SPDler seien genau zur richtigen Zeit dem Ortsverein beigetreten. Denn die Plecher standen kurz davor, mit einem anderen Verein fusionieren zu müssen oder schlimmer.
"Wir hätten uns bald auflösen müssen. Wir werden immer weniger und nur durch die beiden neuen Mitglieder konnten wir unseren Vorstand auffüllen", berichtet Gentsch. Nun hofft sie darauf, dass die jungen Sozialdemokraten die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und eventuell neue Mitglieder beitreten. Sonst laufe man Gefahr, in zwei Jahren wieder in Nöte zu geraten.
In der Oberpfalz hingegen hat man gar keine Probleme mit den Mitgliederzahlen. Man könne dort zwar ebenfalls nicht ausmachen, dass sich durch die Bundestagswahl etwas geändert habe, trotzdem gebe es ein verstärktes Interesse an der Partei. "Die SPD hat Verantwortung übernommen. Dazu habe ich sehr viele positive Rückmeldungen erhalten", berichtet Peter Danninger, der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins in Auerbach. Leider musste der Verein erst kürzlich ein Mitglied schmerzlich verabschieden.
Das langjährige Mitglied Klaus Grünberger war überraschend Anfang des Jahres verstorben. "Solche Leute braucht eigentlich jeder Verein. Ob politisch oder sportlich, er war eine tragende Säule." Zwar gebe es auch in Auerbach neue Mitglieder, doch der Verlust von Grünberger sitze tief. "Er war ein stets kritischer Mensch, der sich immer eingebracht und einigen von uns den Kopf gewaschen hat." Solche Lücken könnten auch mehrere neue Mitglieder nicht füllen, ist sich Danninger sicher.
Gute Zusammenarbeit
Um seine SPD mache er sich trotzdem keine Sorgen, da man in Auerbach innerhalb des gesamten Stadtrats sehr gut zusammenarbeite und parteiübergreifend an einem Strang ziehe, um die Stadt voranzubringen. "Wenn ich da auf andere Gemeinden blicke, dann bin ich froh, dass ich im Auerbacher Stadtrat sitze."
In Pottenstein freut sich der Vorsitzende Hans Gmelch über seine acht Mitglieder. Er habe stets Probleme gehabt, neue Mitglieder für den Ortsverein zu gewinnen und sieht keine großen Chancen, dass sich das durch die Bundestagswahl ändert. "Viele Kollegen sind inzwischen weggestorben. Es bleibt der harte Kern", sagt Gmelch.
Bei der vergangenen Kommunalwahl 2020 habe er einige Interessierte auf der Liste gehabt, die aber selbst keine SPD-Angehörigen sind. "Die waren nur auf der Liste, sonst hätten wir nicht genügend gehabt. Ich hoffe, dass einer von denen sich für den Ortsverein entscheidet."